Denkschrift zur Besoldungssituation
des fliegenden und luftfahrzeugtechnischen Personals der Transport- und Hubschrauberverbände der Bundeswehr
Die IGTH vertritt die Interessen von ca. 1300 Mitgliedern aus dem o.a. Bereich.
Wohl kaum eine andere Berufsgruppe in Deutschland hat in den vergangenen 19 Jahren eine stärkere Verminderung des Realeinkommens hinnehmen müssen, als die Luftfahrzeugbesatzungen der Bundeswehr. Bei gleichzeitiger Zunahme der Verantwortung und Belastungen in der Funktion, sind zahlreiche Leistungen gekürzt worden. Nach dem Einstieg in die besonderen Auslandsverwendungen, wurden mit dem Versorgungsreformgesetz von 1998 die Ruhegehaltsfähigkeit der Stellenzulage für Fliegendes Personal, die letztmalig 1990 angepasst wurde, mit Übergangsregelungen abgeschafft. Damit wurde ein wesentlicher Teil der Versorgungsbezüge für die Soldaten gekürzt, die in fast allen Einsatzgebieten im Ausland unter erheblich gestiegenen persönlichen Risiko eingesetzt sind. Die steuerfreie Aufwandsentschädigung wurde im Jahr 2002 in eine steuerpflichtige Erschwerniszulage unter Anhebung zum Ausgleich der Besteuerung umgewandelt, die Sonderzahlung wurde in zwei Schritten zunächst auf 60% und dann auf 30% des Grundgehaltes reduziert, das Urlaubsgeld wurde gestrichen und in zahlreichen Jahren blieb eine notwendige Besoldungsanpassung aus.
Zulagen dienen als Ausgleich für besondere Belastungen durch u.a. erhöhte Beanspruchung oder vermehrte Verantwortung. Diese Funktion können sie nur dann erfüllen, wenn sie im Verhältnis zum Grundgehalt ihre Wertigkeit behalten.
In diesem Bereich besteht mittlerweile ein krasses Missverhältnis!
Es ist der im Entwurf zum DNeuG erklärte Wille des Bundesinnenministers, die Besonderheiten des Soldatenberufes unter formaler Beibehaltung der gemeinsamen Besoldungstabellen auf andere Weise zu regeln. Auf dieser Grundlage ist es
den Mitgliedern der IGTH bewusst, dass es auch aufgrund der demographischen Entwicklung erforderlich sein wird, in der Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen den Dienst in den Streitkräften attraktiver zu gestalten und besonders Funktionen mit hohem Risiko und höchster Belastung einen Anreiz benötigen, damit sich auch die Besten eines Jahrgangs nicht nur für den Dienst in den Streitkräften entscheiden, sondern auch im Dienst verbleiben.
Es geht darum die klugen Köpfe zu gewinnen und zu behalten.
Wie der Bericht zur Portabilität von Versorgungsansprüchen zeigt, ist sich die Bundesregierung im Klaren darüber, dass die Besoldungssituation auch im Hinblick auf die Höhe der Ruhestandsbezüge, insbesondere bei den Spezialisten, derzeit nicht konkurrenzfähig ist.
Im Dienstrechtsneuordnungsgesetz ist versucht worden für einen begrenzten Kreis von Soldaten eine anlassbezogene Antwort auf eine bereits eingetretene Entwicklung zu geben. Diese Maßnahme entspricht nach unserer Auffassung nicht der Besoldungssystematik und ist nicht geeignet eine nachhaltige Änderung der Situation zu bewirken.
Eine nachhaltige Verbesserung wird nicht ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand und nicht ohne einen Ansatz zu erzielen sein, der sich zum einen im Rahmen der besoldungsrechtlich zulässigen Instrumente bewegt, zum anderen aber auch berücksichtigt, dass auch Soldaten ein Recht auf eine Lebensplanung haben, die über das Dienstzeitende hinaus reicht. Bei der wirkungsgleichen Übertragung von Regelungen aus dem Rentenrecht, wurde indes nie berücksichtigt, dass neben den Betriebsrenten auch in der Regel alle Gehaltsbestandteile aus privatwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit sich rentenwirksam niederschlagen.
Die Mitglieder der IGTH wissen, dass jede konjunkturelle Entwicklung ungünstig ist Forderungen zu stellen : in Zeiten schwacher Konjunktur fehlen die Mittel und in Zeiten auflebender Konjunktur müssen die Mittel zum Abbau der Staatsverschuldung eingesetzt werden.
Es ist jedoch nach unserer Auffassung zwingend, auch wenn für den Dienstherrnim Hinblick auf eine amtsangemessene Alimentation in der Auslegung des GG Art 33 (5) ein weiter Gestaltungsspielraum besteht, eine längst überfällige Anpassung vor- zunehmen.
Daher schlägt die IGTH vor, die Besoldung unserer Mitglieder, die in Treue und Pflichterfüllung seit Jahren das besondere Risiko für sich und ihre Familien tragen, nachhaltig und in gerechter Weise neu zu gestalten durch:
1. Vereinfachung und Anhebung der Stellenzulage gem Nr.6 der Vorbemerkungen zur BBesO Anlage I, unter Berücksichtigung der Erfahrung in der Funktion in drei Stufen unter Wegfall der Luftfahrzeugtypenbezüge:
in der Stufe 1 : 550,-- € für Luftfahrzeugführer und 450,-- € für andere ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige
in der Stufe 2 : Erhöhung zur Stufe 1 um 200,-- €für Luftfahrzeugführer und ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige im 6. Jahr der Anspruchsvoraussetzung
In der Stufe 3 : Erhöhung zur Stufe 2 um 350,-- € für Luftfahrzeugführer und ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige im 11. Jahr der Anspruchsvoraussetzung
Diese Abstufung trägt dem Leistungsgedanken, der mit dem Zugewinn an fliegerischer Erfahrung und mit dem Erwerb zusätzlicher Qualifikation erworben wird in besonderer Weise Rechnung.
2. Versorgungswirksamkeit dieser Zulage
Gerade für Spitzenpersonal ist nicht nur das Einkommen wichtig, sondern auch die Höhe der zu erwartenden Versorgungsbezüge. Die Beschränkungen des Versorgungsreformgesetzes konnten ohne finanziellen Ausgleich durch die Mitglieder der IGTH nicht aufgefangen werden, daher ist es zwingend die Attraktivität des Dienstes auch durch eine Anhebung der Ruhestandsbezüge zu steigern. Ein Teil der Versorgungswirksamkeit sollte von der Gesamtdauer der Verwendung in besonderen Auslandsverwendungen abhängig gemacht werden.
3. Anhebung der Zulage für Luftfahrzeugführer und Luftfahrzeugbesatzungs-angehörige mit Lehrberechtigung um 30%
Auch dieser Anteil der Zulage ist seit 19 Jahren unverändert, obschon durch die besonderen Auslandsverwendungen und die Einführung neuer Waffensysteme deutlich erhöhte Anforderungen an die Zulageberechtigten gestellt werden
4. Weitergewährung der erworbenen Zulage auch ohne Verpflichtung zur Inübunghaltung bei Versetzung aus dienstlichen Gründen im Rahmen des förderlichen Verwendungsaufbaus.
Ein bei anderen Nationen bereits praktiziertes Verfahren zur Bestenförderung ist auch in der Bundeswehr unbedingt erforderlich. Der typische Verwendungsaufbau für Spitzenpersonal aus dem Bereich der fliegenden Besatzungen sieht zwingend nicht-fliegerische Aufbauverwendungen vor. Wenn Bestenförderung jedoch mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden ist, wird der Begriff zum Paradoxon. Darüber hinaus wird durch die Maßnahme eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung erzielt.
5. Anhebung der Zulage um 15% für Luftfahrzeugführer mit Nachprüfflugberechtigung
Mit dieser neu eingeführten Zulagenanhebung soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass das Personal, das über Nachprüfflugberechtigung verfügt, nicht nur besondere Verantwortung für die Sicherheit des Materials im Flugbetrieb trägt, sondern auch das damit verbundene besondere Risiko kaum absichern kann, da der Fludienst mit nicht verkehrszugelassenem Luftfahrtgerät kaum und wenn, dann nur mit erheblichen Beitragssätzen versicherbar ist.
6. Deutliche Anpassung der Zulage für Nachprüfer
Die Zulage für Nachprüfer ist ebenfalls seit 19 Jahren unverändert, obwohl die Tätigkeit deutlich an Verantwortung gewonnen hat. Sowohl der Umgang mit immer älter werdenden Luftfahrzeugmustern, als auch die Einführung neuer Verfahren und Luftfahrzeugmuster hat zu einer erheblichen Zunahme der Verantwortung dieses Schlusselpersonals im technischen Bereich geführt, ohne dass dafür ein besoldungsrechtlich erforderlicher finanzieller Ausgleich gewährt wurde.
7. Anpassung der Erschwerniszulagen um 30%
Die den Sätzen von 2002 zugrunde liegende Studie aus dem Jahr 1999 konnte die besonderen Belastungen des Einsatzflugbetriebes und der den Erfordernissen der besonderen Auslandsverwendung angepassten Aus- und Weiterbildung des fliegerischen Personals nicht Rechnung tragen. Eine Weiterführung der Studie hätte die deutliche Steigerung der Belastung eindeutig belegen können. Bis zu einer neuerlichen Überprüfung hält die IGTH eine Anpassung von 30% in Anlehnung an den erforderlichen Inflationsausgleich seit 2002 für angemessen.
Der Gesamtumfang der Anpassung liegt im Mittel im Bereich des Wertes, der der letzten Erhöhung (1990) zur vorletzten (1980)zu Grunde lag.
Die IGTH sieht in der Durchführung der Maßnahmen nur einen Beitrag zur erforderlichen Steigerung der Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften für diese Spezialisten. Fragen, die die Themenkomplexe Familie und Dienst, Dienstzeitregelung und Betreuung und Fürsorge betreffen, sind bewusst nicht angesprochen worden, da diese Problematik nahezu alle Soldaten der Bundeswehr in gleichem Maß betrifft.
Für den Bundesvorstand
Schlepphorst, OTL